Informationsweiterverwendung
Öffentliche Stellen erfassen, erstellen, reproduzieren und verbreiten im Rahmen ihres öffentlichen Auftrages Daten und Informationen aus den verschiedensten Gebieten (z.B. Geschäftsleben, Geografie, Wetter, Patentwesen, Tourismus, Bildung, Wirtschaft, Soziales). Diese Informationen können Ausgangsmaterial für neue Produkte und Dienste sein.
Interessierte Personen können beantragen, dass ihnen diese Informationen zur Weiterverwendung bereitgestellt werden. Detaillierte Informationen zu Dokumenten, die bereitgestellt werden, finden sich auf → data.gv.at.
Öffentliche Stellen sind nicht dazu verpflichtet, Dokumente zur Weiterverwendung bereitzustellen. Sollten sie Dokumente jedoch bereitstellen, müssen sie dies für alle unter den gleichen Bedingungen tun.
Die Bedingungen sind im Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) geregelt. Mit dem IWG wurde eine EU-Richtlinie auf Bundesebene umgesetzt, mit der die nationalen Bestimmungen und Verfahren für die Weiterverwendung von Dokumenten des öffentlichen Sektors in allen EU-Mitgliedstaaten auf ein Mindestniveau angeglichen werden sollen.
Das IWG umfasst bereits erstellte, d.h. vorhandene Dokumente und zielt nicht auf eine allgemeine Informationsbeschaffung ab.
Beispiel
Eine Unternehmerin möchte eine Datenbank für Privatpilotinnen/Privatpiloten anbieten, in der die Wetterdaten der Alpenländer abrufbar sind (z.B. zur Flugroutenplanung). Zu diesem Zweck beantragt sie von den öffentlichen Stellen in Österreich, Deutschland, Italien etc. Wetterdaten und deren Weiterverwendung für ihre Datenbank.
- Der Bund (z.B. die Bundesministerien und ihre nachgeordneten Dienststellen)
- Bundesgesetzlich eingerichtete Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. die gesetzlichen Berufsvertretungen)
- Einrichtungen auf bundesgesetzlicher Grundlage wie Stiftungen, Privatstiftungen, Fonds und sonstige Körperschaften öffentlichen Rechts, wenn
- sie gegründet wurden, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind,
- sie zumindest teilrechtsfähig sind und
- überwiegend von öffentlichen Stellen finanziert werden oder diese die Aufsicht über ihre Leitung haben oder ihr Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Stellen ernannt worden sind.
- Unternehmungen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen und
- die gegründet wurden, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind und
- zum Großteil von Einrichtungen auf bundes- und landesgesetzlicher Grundlage finanziert werden oder diese die Aufsicht über ihre Leitung haben oder ihr Verwaltungs-, Leitungs-, oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Einrichtungen auf bundes- oder landesgesetzlicher Grundlage ernannt worden sind.
- Verbände, die sich überwiegend aus zwei oder mehreren öffentlichen Stellen zusammensetzen.
Als Dokumente gelten alle Inhalte, unabhängig von ihrer Form (z.B. Inhalte auf Papier, in Bild oder Ton oder in elektronischer Form), sowie beliebige Teile dieser Inhalte.
Weiterverwendung ist das Nutzen von Dokumenten zu einem anderen Zweck, als zu dem die Dokumente erstellt wurden. Der Austausch von Dokumenten zwischen bzw. innerhalb der öffentlichen Stellen im Rahmen ihres öffentlichen Auftrages (z.B. im Rahmen der Amtshilfe) gilt nicht als Weiterverwendung.
Bereits bestehende Rechtsvorschriften, die den Zugang zu Dokumenten öffentlicher Stellen regeln, gesetzliche Verschwiegenheitspflichten sowie das Datenschutzgesetz werden durch das IWG nicht geändert.
Transparenz des Angebots
Öffentliche Stellen müssen die Standardbedingungen und -entgelte für die Weiterverwendung ihrer Dokumente im Voraus festlegen und – wenn möglich im Internet – veröffentlichen.
Auf Anfrage müssen sie auch über die Berechnungsgrundlage für die Entgelte Auskunft geben bzw. Faktoren nennen, die zu einer anderen Berechnung in atypischen Fällen (z.B. besonders aufwendigen Anträgen) führen können.
Um den Zugang zu ihren Dokumenten zu erleichtern, müssen öffentliche Stellen praktische Vorkehrungen treffen. Sie haben insbesondere Listen und Verzeichnisse über die wichtigsten zur Weiterverwendung zugänglichen Dokumente zu führen und – wenn möglich im Internet – zu veröffentlichen sowie Auskunftspersonen und Informationsstellen zu benennen. Die Listen sollten jene Dokumente erfassen, die in großem Umfang weiterverwendet werden oder weiterverwendet werden können (ein Kriterium ist vor allem die bisherige und künftig zu erwartende Nachfrage).
Verbot von Diskriminierung und grundsätzliches Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen
Entgelte und Bedingungen müssen für alle, die das jeweilige Dokument auf dieselbe Weise weiterverwenden wollen, gleich sein. Wenn eine öffentliche Stelle Dokumente für eigene Geschäftstätigkeiten, die nicht unter die Erfüllung ihres öffentlichen Auftrages fallen, verwendet, gelten für sie dieselben Entgelte und Bedingungen wie für andere Nutzer.
Wenn eine öffentliche Stelle Dokumente zur Weiterverwendung freigibt, müssen diese jeder/jedem zur Weiterverwendung zugänglich sein, auch dann, wenn sie bereits von anderen beispielsweise zur Umsetzung einer Geschäftsidee genutzt werden.
Ausschließliche Nutzungsrechte hinsichtlich eines Dokuments an eine Dritte/an einen Dritten zu erteilen, ist unzulässig. Davon ausgenommen ist der Fall, dass die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechtes im öffentlichen Interesse liegt. Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
- Die Ausschließlichkeitsvereinbarung muss transparent sein und – wenn möglich im Internet – veröffentlicht werden.
- Der Grund für eine Ausschließlichkeitsvereinbarung muss mindestens alle drei Jahre auf seine Gültigkeit überprüft werden.
- Die öffentliche Stelle muss sich ein Kündigungsrecht für den Fall sichern, dass der die Ausschließlichkeitsvereinbarung rechtfertigende Grund nicht mehr vorliegt.
Anträge auf Weiterverwendung sind schriftlich bei der jeweiligen öffentlichen Stelle einzubringen. Das kann in jeder technischen Form, die die öffentliche Stelle empfangen kann, geschehen (z.B. Post, Fax, E-Mail).
Anträge, aus denen Inhalt, Umfang, Art und Zweck der Weiterverwendung nicht klar genug hervorgehen, müssen von der Antragstellerin/vom Antragsteller nach Aufforderung innerhalb von zwei Wochen schriftlich konkretisiert werden. Kommt die Antragstellerin/der Antragsteller dem nach, beginnt die Bearbeitungsfrist ab Einlangen des neuen Antrages erneut zu laufen. Geschieht das nicht, gilt der Antrag als zurückgezogen.
Verfügbare Formate
Wenn eine öffentliche Stelle Dokumente zur Weiterverwendung bereitstellt, muss sie diese in allen vorhandenen Sprachen und Formaten, und – soweit möglich und sinnvoll – in elektronischer Form zur Verfügung stellen.
Öffentliche Stellen sind nicht verpflichtet, Dokumente für die Weiterverwendung neu zu erstellen, anzupassen oder weiterzuentwickeln (z.B. in neue Formate zu übertragen oder in andere Sprachen zu übersetzen).
Auszüge aus Dokumenten müssen nur dann bereitgestellt werden, wenn sie ohne unverhältnismäßig großen Aufwand hergestellt werden können.
Entgelte
Das IWG erlaubt öffentlichen Stellen, ein Entgelt von der Antragstellerin/vom Antragsteller für die Weiterverwendung von Dokumenten einzuheben. Die Entgelte dürfen jedoch die Gesamtkosten der Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung der Dokumente zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne nicht übersteigen.
Den öffentlichen Stellen steht es weiterhin frei, Dokumente unentgeltlich zur Weiterverwendung bereitzustellen.
Fristen
Öffentliche Stellen haben Anträge binnen vier Wochen zu bearbeiten.
Bei besonders umfangreichen oder komplexen Anträgen kann die vierwöchige Bearbeitungsfrist um weitere vier Wochen verlängert werden. Die Antragstellerin/der Antragsteller muss davon jedoch sobald wie möglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen nach Eintreffen des Antrages, verständigt werden.
Rückmeldung an den Antragsteller
Nach einer vierwöchigen Bearbeitungsfrist kann die öffentliche Stelle folgendermaßen vorgehen:
- Sie kann die beantragten Dokumente zur Gänze bereitstellen.
- Sie kann die beantragten Dokumente nur teilweise bereitstellen. In diesem Fall muss sie der Antragstellerin/dem Antragsteller jedoch schriftlich und unter Angabe der Gründe mitteilen, dass der Antrag nur teilweise genehmigt wird.
- Sie kann der Antragstellerin/dem Antragsteller einen Vertrag anbieten, in dem gewisse Bedingungen für die Weiterverwendung der Dokumente gestellt werden.
- Sie kann den Antrag schriftlich und unter Angabe der Gründe ablehnen.
Wenn Bedingungen für die Weiterverwendung auferlegt werden, müssen diese in einem Vertrag zwischen der öffentlichen Stelle und der Antragstellerin/dem Antragsteller festgehalten werden. Weiters dürfen diese Bedingungen die Möglichkeit der Weiterverwendung nicht unnötig einschränken und ihrer Art nach objektiv nicht dazu geeignet sein, den Wettbewerb zu behindern.
Wird ein Antrag abgelehnt, weil ein beantragtes Dokument geistiges Eigentum Dritter ist, muss die öffentliche Stelle der Antragstellerin/dem Antragsteller die Inhaberin/den Inhaber der Rechte nennen und mitteilen, von wem sie das betreffende Dokument erhalten hat.
Die öffentliche Stelle muss die Antragstellerin/den Antragsteller auf die Rechtsschutzmöglichkeiten hinweisen.
Bei Streitigkeiten können Antragstellerinnen/Antragsteller eine Klage bei einem ordentlichen Gerichte (→ BMJ) erheben. Davor können sie eine Schlichtungsstelle mit der Klärung beauftragen.
Schlichtung
Die Schlichtungsstelle besteht aus drei Mitgliedern, wobei jeweils ein Mitglied von der Antragstellerin/vom Antragsteller und von der öffentlichen Stelle bestellt wird. Die beiden wählen die Vorsitzende/den Vorsitzenden. Diese/dieser muss an der Sache unbeteiligt und unbefangen sein.
Die Antragstellerin/der Antragsteller muss der öffentlichen Stelle den Antrag auf Schlichtung übermitteln und das von ihr/ihm ausgewählte Mitglied benennen. Die öffentliche Stelle muss innerhalb von zwei Wochen ein Mitglied namhaft machen. Innerhalb von weiteren zwei Wochen müssen die beiden Mitglieder eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden wählen.
Die Schlichtungsstelle hat drei Monate Zeit, um eine Einigung zu erzielen.
Wenn nichts anderes vereinbart wurde, trägt zunächst die Antragstellerin/der Antragsteller die Kosten der Schlichtung. Wenn keine Einigung erzielt wird und es zum Gerichtsverfahren kommt, können diese Kosten als vorprozessuale Kosten geltend gemacht werden.
Gerichtsverfahren
Zur Entscheidung über Rechtsstreitigkeiten, die die Weiterverwendung von Dokumenten öffentlicher Stellen nach dem IWG betreffen, sind die ordentlichen Gerichte (→ BMJ) zuständig.
Für den Fall, dass eine Schlichtungsstelle befasst wurde, kann die Antragstellerin/der Antragsteller nur dann eine Klage einreichen, wenn
- die öffentliche Stelle nicht binnen zwei Wochen nach Einlangen des Antrages auf Schlichtung ein Mitglied benennt oder
- die beiden Mitglieder nicht binnen zwei Wochen ab der Namhaftmachung des Mitglieds der öffentlichen Stelle eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden wählen oder
- die Schlichtungsstelle nicht innerhalb von drei Monaten ab Bestellung der/des Vorsitzenden eine Einigung erzielt.
Die Bestimmungen über die Informationsweiterverwendung gelten nicht für Dokumente, die
- nicht im Rahmen des öffentlichen Auftrags erstellt wurden (vor allem Dokumente, die ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken und im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern gegen Entgelt erstellt wurden)
- der Vertraulichkeit unterliegen (z.B. aus Gründen der nationalen Sicherheit, der Landesverteidigung, der öffentlichen Sicherheit oder weil sie Geschäftsgeheimnisse enthalten)
- nur eingesehen werden dürfen, wenn ein besonderes Interesse nachgewiesen wird (z.B. Nachweis eines im Sinne des Datenschutzgesetzes legitimen Interesses)
- geistiges Eigentum Dritter sind oder durch gewerbliche Schutzrechte geschützt sind
- dem ORF oder einer seiner Tochtergesellschaften gehören
- im Besitz von Bildungs- und Forschungseinrichtungen (z.B. Schulen, Hochschulen, Forschungsinstituten oder Einrichtungen, die zum Transfer von Forschungsergebnissen gegründet wurden) oder von kulturellen Einrichtungen (z.B. Museen, Orchestern, Opern, Theatern) sind.
Die Weiterverwendung der Dokumente öffentlicher Stellen im Landes- und Gemeindebereich fällt in die Gesetzgebung der Bundesländer.
- Burgenländisches Auskunftspflicht-, Informationsweiterverwendungs- und Statistikgesetz
- Kärntner Informations- und Statistikgesetz
- Niederösterreichisches Auskunftsgesetz
- Oberösterreichisches Auskunftspflicht-, Datenschutz- und Informationsweiterverwendungsgesetz
- Salzburger Gesetz über Auskunftspflicht, Dokumentenweiterverwendung, Datenschutz, Landesstatistik und Geodateninfrastruktur
- Steiermärkisches Dokumenten-Weiterverwendungsgesetz
- Tiroler Informationsweiterverwendungsgesetz
- Vorarlberger Dokumenten-Weiterverwendungsgesetz
- Wiener Informationsweiterverwendungsgesetz
Rechtsgrundlagen
Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG)
Weiterführende Links
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft