Grundsätze des Umgründungssteuerrechts

Das Umgründungssteuergesetz sieht für jeden Umgründungstyp gesonderte Regelungen vor, die an die zivilrechtlichen Voraussetzungen des Umgründungstyps angepasst sind. Dabei folgen die Bestimmungen aber gewissen Grundsätzen des Umgründungssteuerrechts.

Achtung

Die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes sind komplex und betreffen verschiedenste steuerliche Themenbereiche. Sie können im Folgenden nur vereinfacht dargestellt werden. Fehler bei der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen bzw. Umsetzung können zu hohen Steuerbelastungen führen.

Maßgeblichkeit des Unternehmensrechts

Man unterscheidet zwischen gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Umgründungstypen. Als gesellschaftsrechtliche Umgründungstypen werden jene bezeichnet, die als eigenständige Rechtsinstitute in Sondergesetzen des Gesellschaftsrechts umfassend geregelt sind. Dazu gehören die Verschmelzung (§§ 219 ff AktG, 96 ff GmbHG), die übertragende Umwandlung (UmwG) und die Spaltung (SpaltG). Bei diesen Umgründungstypen ist das Firmenbuchgericht für die Eintragung zuständig. Es prüft dabei die Einhaltung der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben.

Für die steuerrechtlichen Umgründungstypen existieren keine Sondergesetze. Dazu gehören die Einbringung, der Zusammenschluss und die Realteilung. Es kommen daher die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen des AktG bzw. des GmbHG über die Sachgründung oder Sacheinlage, des Unternehmensgesetzbuches zur Gründung oder Auflösung einer Personengesellschaft sowie des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zur Gründung oder Auflösung einer GesbR zur Anwendung. In der Regel ist das Finanzamt für die Eintragung solcher Umgründungen zuständig, es sei denn, die Umgründung steht in Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung oder Sachgründung.

Wenn für das Zustandekommen der Umgründung die Eintragung in das Firmenbuch erforderlich ist, wird auch steuerlich nur dann eine Vermögensübertragung vollzogen, wenn das Firmenbuchgericht die Umgründung als zulässig beurteilt und in das Firmenbuch einträgt.

Ertragsteuerneutralität (Buchwertfortführung)

Aufgrund des Anwendens des Umgründungssteuergesetzes unterbleibt bei der Umgründung grundsätzlich die steuerpflichtige Realisierung der stillen Reserven im übertragenen Vermögen. Der Übernehmende hat aber die steuerlichen Buchwerte bzw. Anschaffungskosten des Übertragenden zwingend fortzuführen (sogenannte Buchwertfortführung). Die Besteuerung der stillen Reserven soll nämlich nicht aufgehoben, sondern nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Erfolgen nach der Umgründung andere Realisierungstatbestände, z.B. eine Veräußerung des Betriebsvermögens, sind die stillen Reserven nach allgemeinem Steuerrecht zu versteuern. Dies würdigt, dass die Vermögensübertragung bei einer Umgründung wirtschaftlich betrachtet keinen Realisationsvorgang darstellt, sondern lediglich einen Rechtsformwechsel des Unternehmens. Eine Ausnahme von der Buchwertfortführung besteht, wenn das Besteuerungsrecht Österreichs durch die Umgründung eingeschränkt wird, was bei grenzüberschreitenden Umgründungen der Fall sein kann.

Gegenleistung in Form von Gesellschaftsrechten

Die steuerlichen Sonderregelungen für Umgründungen sind wirtschaftlich betrachtet lediglich ein Formwechsel der Unternehmensorganisation und müssen daher nicht als Realisierungsvorgänge bewertet werden. Würde die Gegenleistung für die Vermögensübertragung in Form von Bargeld oder anderen Gegenleistungen als Gesellschaftsrechten (bzw. in Ausnahmefällen auch dem Verzicht von Gesellschaftsrechten) geleistet werden, würde wirtschaftlich betrachtet eine Veräußerung vorliegen. Das Umgründungssteuergesetz ist daher bei einer schädlichen Gegenleistung nicht anwendbar, mit der Folge, dass die stillen Reserven im übertragenen Vermögen zu versteuern sind. Dies gilt auch, wenn nur geringe schädliche Gegenleistungen erfolgen. Eine Ausnahme davon bildet der bei manchen Umgründungen mögliche sogenannte "Spitzenausgleich" sowie die unwesentliche Ausgleichszahlung bei Realteilungen. Hierbei können geringe Barzahlungen geleistet werden, um gerade Beteiligungs-Prozentzahlen bzw. um ein bezogen auf den Verkehrswert ausgewogenes Austauschverhältnis zu erreichen.

Steuerneutralität von Buchgewinnen und Buchverlusten

Weil die Umgründung grundsätzlich keine Ertragsteuern auslösen soll, sind auch etwaige durch Umgründungen entstehende Buchgewinne bzw. -verluste nicht steuerpflichtig bzw. nicht abzugsfähig. Eine Ausnahme besteht für Buchgewinne bzw. -verluste, die aufgrund der Vereinigung von aufeinander bezogenen Posten der an der Umgründung beteiligten Betriebsvermögen (z.B. Forderung und Verbindlichkeit) entstehen (sogenannte Confusio).

Steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge

Unabhängig davon, ob die Umgründung zivilrechtlich unter Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge (nähere Informationen dazu unter "Umgründungen im engeren Sinn") stattfindet, kommt es für den Teilbereich des Ertragsteuerrechts immer zu einer Gesamtrechtsnachfolge (steuerliche Gesamtrechtsnachfolge). Zusätzlich zu den Buchwerten muss der Rechtsnachfolger daher z.B. die Abschreibungsdauern und Behaltefristen des Rechtsvorgängers übernehmen. Auch im Bereich der Umsatzsteuer tritt der Rechtsnachfolger unmittelbar an die Stelle des Rechtsvorgängers. In den anderen Teilbereichen des Steuerrechts (z.B. Gebühren- und Verkehrsteuern, Verfahrensrecht) tritt der Rechtsnachfolger bei Einzelrechtsnachfolge nicht an die Stelle des Rechtsvorgängers. Er kann aber nach § 14 BAO für die Abgaben des Rechtsvorgängers haften.

Ertragsteuerliche Rückwirkungsfiktion

Das Steuerrecht ist im Allgemeinen rückwirkungsfremd. Ist das Umgründungssteuergesetz auf die Umgründung anwendbar, kann die Vermögensübertragung jedoch ausnahmsweise mit ertragsteuerlicher Wirkung auf einen bis zu neun Monate in der Vergangenheit liegenden Stichtag rückbezogen werden. Die Vermögensübertragung gilt dann aus steuerrechtlicher Sicht mit Ablauf des gewählten Umgründungsstichtages als bewirkt, unabhängig vom zivilrechtlichen Vermögensübergang.

Objektbezogener Übergang des Verlustabzugs

Der Verlustabzug kann als höchstpersönliches Recht grundsätzlich nur von demjenigen verwertet werden, der den Verlust ursprünglich auch erwirtschaftet hat (eine Ausnahme besteht nur im Erbfall). Ist das Umgründungssteuergesetz auf die Umgründung unter Fortführung der Buchwerte anwendbar, geht der Verlustabzug ausnahmsweise auf den Rechtsnachfolger über, sofern das verlustverursachende Vermögen zum Umgründungsstichtag noch (vergleichbar) vorhanden ist (sogenannter objektbezogener Übergang des Verlustabzugs).

Wirtschaftliche Begründung

Die Vorteile des Umgründungssteuergesetzes werden versagt, wenn die Umgründungsmaßnahmen entweder der Umgehung oder Minderung einer Abgabenpflicht dienen oder wenn die Umgründungsmaßnahmen als hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung haben (missbräuchliche Umgründung). Nach den Umgründungssteuerrichtlinien stellt jedoch ein einzelner Umgründungsakt für sich genommen keinen Missbrauch dar, weshalb insbesondere ein bloßer Wechsel zwischen den Besteuerungsregimen der Einkommen- und Körperschaftsteuer keinen Missbrauch begründet.

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen