Ablauf eines Insolvenzverfahrens

Insolvente Unternehmen müssen spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Gericht beantragen (Insolvenzantrag). Im Insolvenzverfahren sind sie Schuldner. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist nur möglich, wenn ausreichend Vermögen vorhanden ist, das zumindest die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens deckt.

Ein Insolvenzverfahren wird entweder als Konkursverfahren oder als Sanierungsverfahren geführt:

  • Das Sanierungsverfahren zielt auf die Sanierung und anschließende Fortführung des Unternehmens ab. Dafür bedarf es eines Sanierungsplans. Während des Verfahrens führt die Schuldnerin/der Schuldner oder eine Masseverwalterin/ein Masseverwalter das Unternehmen. Wird der Sanierungsplan erfüllt, ist die Schuldnerin/der Schuldner von den Restschulden befreit.
  • Beim Konkursverfahren wird das Unternehmen in jedem Fall von einer Masseverwalterin/einem Masseverwalter weitergeführt. Die Schuldnerin/der Schuldner verliert die Verfügungsmacht über das Vermögen und wird nicht von den Restschulden befreit. Jedoch besteht auch in einem laufenden Konkursverfahren die Möglichkeit, einen Sanierungsplan vorzulegen.

Ehemalige Unternehmerinnen/Unternehmer können außerdem als überschuldete Privatperson Privatkonkurs anmelden.

Tipp

Da die Verfahrensvorschriften sehr komplex sind, empfiehlt es sich, eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt ( ÖRAK) zu beauftragen.

Wer stellt den Insolvenzantrag?

Spätestens 60 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung sind folgende Personen verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen:

Zusätzlich können Gläubigerinnen/Gläubiger freiwillig einen Insolvenzantrag stellen. Das Gericht kann sie auffordern, einen Kostenvorschuss zu leisten, falls kein kostendeckendes Vermögen vorhanden ist.

Der Insolvenzantrag kann sowohl schriftlich eingereicht als auch mündlich vor Gericht zu Protokoll gegeben werden.

Zuständige Stelle

Das Landesgericht ( BMJ), in dessen Sprengel sich der Sitz des Unternehmens befindet

Kostendeckendes Vermögen

Zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss das Vermögen der Schuldnerin/des Schuldners zumindest die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens decken können. Die Anlaufkosten umfassen unter anderem die Kosten der Insolvenzverwaltung.

Kostenvorschuss

Fehlt es an kostendeckenden Vermögen, kann das Gericht der Antragstellerin/dem Antragsteller anordnen, einen Kostenvorschuss zu bezahlen.

Mangelt es bei einer juristischen Person an kostendeckendem Vermögen, sind folgende Personen, wenn sie das Gericht dazu auffordert, verpflichtet den Kostenvorschuss zu leisten:

  • organschaftliche Vertreterinnen/organschaftliche Vertreter (maximal 4.000 Euro) oder
  • Gesellschafterinnen/Gesellschafter, deren Anteil an der Gesellschaft mehr als 50 Prozent beträgt.

Wird der Kostenvorschuss nicht rechtzeitig erlegt, weist das Gericht den Insolvenzantrag ab. Wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird, wird auch die Gewerbeberechtigung entzogen.

Rückgriff

Wer einen Kostenvorschuss geleistet hat, kann den Betrag von jenen Personen zurückverlangen, die zur Antragstellung verpflichtet waren, den Insolvenzantrag jedoch schuldhaft nicht gestellt haben. Bei juristischen Personen kann auf jene zurückgegriffen werden, die zur Leistung eines Kostenvorschusses verpflichtet gewesen wären.

Das Sanierungsverfahren kann bereits eingeleitet werden, wenn die Situation der Zahlungsunfähigkeit droht. Dadurch steigt die Chance, das Unternehmen zu erhalten.

Die Schuldnerin/der Schuldner muss neben der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auch den Abschluss eines Sanierungsplans beantragen und dem Antrag beilegen. Nachdem das Gericht das Sanierungsverfahren eröffnet hat, wird dies in der Insolvenzdatei im Internet öffentlich bekannt gemacht.

Im Sanierungsplan bietet die Schuldnerin/der Schuldner an, mindestens 20 Prozent der Schulden in längstens zwei Jahren zu begleichen. Dieser Sanierungsplan muss von der Mehrheit der Gläubigerinnen/Gläubiger angenommen werden. Das wird vom Gericht bestätigt. Mit Rechtskraft dieser Bestätigung ist das Insolvenzverfahren beendet.

Wenn die Schuldnerin/der Schuldner in weiterer Folge den Sanierungsplan erfüllt, ist sie/er von den Restschulden befreit.

Es gibt zwei Arten von Sanierungsverfahren:

  • Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung bestellt das Gericht eine Sanierungsverwalterin/einen Sanierungsverwalter. Die Schuldnerin/der Schuldner steht unter deren/dessen Aufsicht, kann aber selbst über das Vermögen verfügen und Rechtshandlungen vornehmen.
  • Im Fall des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung wird eine Masseverwalterin/ein Masseverwalter bestellt. Die Schuldnerin/der Schuldner kann nicht über das Vermögen verfügen.

Den Insolvenzantrag zur Eröffnung eines Konkursverfahrens stellt

  • die Schuldnerin/der Schuldner selbst oder
  • eine Gläubigerin/ein Gläubiger. In diesem Fall ist auch die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens möglich, solange die Schuldnerin/den Schuldner rechtzeitig die Annahme eines Sanierungsplans beantragt .

Wird kein Sanierungsplan vorgelegt, eröffnet das Gericht das Konkursverfahren. Die Eröffnung wird in der Insolvenzdatei im Internet öffentlich bekannt gemacht. Schuldnerinnen/Schuldner können den Sanierungsplan auch noch während des bereits laufenden Konkursverfahrens bis zu dessen Aufhebung stellen.

Das Gericht bestellt dann eine Masseverwalterin/einen Masseverwalter. Diese Person

  • hat die Aufsicht über das gesamte Vermögen (inklusive Büromöbel, Lagerbestände usw.),
  • verwaltet die Konkursmasse und verwertet das Vermögen zur Befriedigung der Gläubigerforderungen,
  • empfängt die gesamte Post (Postsperre über das insolvente Unternehmen) und
  • entscheidet, ob die angemeldeten Insolvenzforderungen anerkannt oder bestritten werden.

Spätestens 90 Tage nach der Konkurseröffnung entscheidet das Insolvenzgericht nach Anhörung der Gläubigerinnen/der Gläubiger, ob das Unternehmen geschlossen oder fortgeführt wird.

Sobald das Konkursverfahren beendet wurde, kann die Schuldnerin/der Schuldner wieder frei über das eigene Vermögen verfügen. Sie/er ist jedoch nicht von den Restschulden befreit.

Die Insolvenzverwalterin/der Insolvenzverwalter wird vom Gericht bestellt und

  • darf weder die Schuldnerin/den Schuldners noch die Gläubigerin/den Gläubiger vertreten,
  • muss unbescholten, verlässlich und geschäftskundig sein,
  • muss ausreichende Fachkenntnisse des Wirtschaftsrechts oder der Betriebswirtschaft haben und
  • muss eine zügige Durchführung des Insolvenzverfahrens gewährleisten.

Es kann auch eine juristische Person bestellt werden.

Auch eine Insolvenzverwalterin/ein Insolvenzverwalter aus dem Ausland darf in Österreich alle Befugnisse ausüben, die ihr/ihm im Staat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, zustehen. Diese Person muss das österreichische Recht beachten und hat keine Befugnis, Zwangsmittel anzuwenden oder über Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden.

Die Insolvenzdatei ( BMJ) ist Teil der Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz und das ausschließliche Bekanntmachungsorgan im Zuge eines Sanierungs- oder Konkursverfahrens. Insolvenzverfahren werden nicht mehr in Zeitungen bzw. durch Anschlag auf der Gerichtstafel bekannt gemacht.

Eintragungen

  • In die Insolvenzdatei werden insbesondere die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Anmeldefrist für Insolvenzforderungen und die Aufhebung von Insolvenzverfahren veröffentlicht.
  • Alle Daten sind grundsätzlich ein Jahr nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens abrufbar, bei Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens drei Jahre.

Einsichtnahme

  • Die Einsichtnahme in die Insolvenzdatei ist kostenlos und für jeden möglich.
  • Jede Person kann die Insolvenzdatei online oder bei jedem Bezirksgericht bzw. bei dem Landesgericht, das das betreffende Insolvenzverfahren abwickelt, einsehen.
  • Ein Jahr nach Ablauf der Zahlungsfrist für den Sanierungsplan wird die Einsicht nicht mehr gewährt.

Löschung aus der Insolvenzdatei und dem Firmenbuch

  • Nachdem die Schuldnerin/der Schuldner den Sanierungsplan vollständig erfüllt hat, kann sie/er eine Löschung aus der Insolvenzdatei beantragen. Sie/er muss dazu die Erfüllung urkundlich nachweisen. Gibt das Insolvenzgericht einem solchen Antrag statt, so muss das Firmenbuchgericht auf Antrag der Schuldnerin/des Schuldners auch die insolvenzbezogenen Eintragungen im Firmenbuch löschen. Dem Antrag beim Firmenbuchgericht muss eine Ausfertigung des Beschlusses des Insolvenzgerichts beigelegt werden.
  • Gibt es keine frühere Löschung im Firmenbuch, muss das Firmenbuchgericht die insolvenzbezogenen Eintragungen auf Antrag der Schuldnerin/des Schuldners fünf Jahre nach Konkursaufhebung löschen.

Bestätigung über die Nicht-Insolvenz

  • Auskünfte bzw. Bestätigungen darüber, dass kein Insolvenzverfahren anhängig ist, können über die Insolvenzdatei weder abgerufen noch zur Verfügung gestellt werden.
  • Unternehmerinnen/Unternehmer können bei Gericht eine Bestätigung darüber beantragen, dass in der Insolvenzdatei zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu einer bestimmten Person kein Insolvenzverfahren aufscheint.
  • Für im Firmenbuch eingetragene Unternehmen ist das jeweilige Firmenbuchgericht örtlich zuständig. Für natürliche Personen ist das für den Wohnsitz zuständige Bezirksgericht zuständig.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Justiz

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