Umsätze mit Auslandsbezug
Wer Waren an ein Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat verkauft, muss keine Umsatzsteuer erheben, wenn die Kundin/der Kunde eine gültige UID-Nummer hat. Unternehmen können dennoch die von ihnen entrichtete Umsatzsteuer auf Waren und Dienstleistungen, die sie speziell zu diesem Zweck eingekauft haben, als Vorsteuer abziehen.
Wenn die Kundschaft keine gültige UID-Nummer hat, muss das Unternehmen die verkauften Waren in der Regel mit dem in seinem Land geltenden Umsatzsteuersatz belasten.
Für Fernverkäufe an Endverbraucherinnen/Endverbraucher in der Europäischen Union (EU) gilt ein Umsatzsteuerschwellenwert von 10.000 Euro. Unterhalb dieses Betrags können Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronische Dienstleistungen sowie Fernverkäufe in dem EU-Mitgliedstaat der Umsatzsteuer unterliegen, in dem die/der Steuerpflichtige ansässig ist.
Online-Händler, auch solche auf Online-Marktplätzen und ‑Plattformen, können sich in einem einzigen EU-Mitgliedstaat zwecks Erklärung und Zahlung der Umsatzsteuer auf alle Fernverkäufe von Waren und länderübergreifende Dienstleistungen an Kundinnen/Kunden in der EU registrieren lassen (Umsatzsteuer-One-Stop-Shop).
Wenn Unternehmen Waren an Kundinnen/Kunden außerhalb der EU verkaufen oder Dienstleistungen an Kundinnen/Kunden außerhalb der EU erbringen, müssen sie keine Umsatzsteuer erheben. Sie können jedoch die von ihnen entrichtete Umsatzsteuer auf Waren und Dienstleistungen, die sie speziell zu diesem Zweck eingekauft haben, als Vorsteuer abziehen.
Ein eLearning-Kurs (→ EK) zur Mehrwertsteuer in der EU wurde von der Europäischen Kommission unter dem Fiscalis 2013 Programm entwickelt. Er richtet sich an Unternehmen, Steuerbeamtinnen/Steuerbeamte in EU-Ländern und alle an MwSt-Fragen Interessierte. Im Kurs werden die Grundprinzipien, auf der die "Mehrwertsteuer-Richtlinie" der EU (Nr. 2006/112/EG (→ EU)) beruht, erklärt. Die Schulung wurde von der Generaldirektion Steuern und Zollunion der Europäischen Kommission in enger Zusammenarbeit mit Steuerexpertinnen/Steuerexperten nationaler Behörden entwickelt.
Weitere Regeln, die österreichische Unternehmen bei Umsätzen mit Auslandsbezug beachten müssen, werden in den folgenden Abschnitten erklärt. Aber auch ausländische Unternehmen, die in Österreich steuerbare Umsätze tätigen bzw. Vorsteuern für österreichische Umsatzsteuer geltend machen können, werden über umsatzsteuerliche Vorschriften in Österreich informiert.
Jede/jeder (auch Privatpersonen), die/der einen Gegenstand aus einem Drittland nach Österreich einführt, muss Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) zahlen. Bemessungsgrundlage für die EUSt ist grundsätzlich der Zollwert. Es handelt sich um eine Eingangsabgabe, für deren Erhebung grundsätzlich die Zollbehörde zuständig ist.
Unternehmen können die EUSt entweder an das Zollamt zahlen und sie dann, insofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, über die Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) wieder abziehen oder monatlich auf das beim Finanzamt eingerichtete Abgabenkonto einzahlen. Die zweite Variante setzt voraus, dass das Unternehmen im Inland zur Umsatzsteuer erfasst ist und Waren für unternehmerische Zwecke einführt.
Außerdem muss das Unternehmen bereits in der Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr erklären, von dieser Regelung Gebrauch zu machen.
Hinweis
Unternehmen können die beim Zollamt entrichtete oder auf dem Finanzamtskonto verbuchte EUSt für Gegenstände, die für das Unternehmen eingeführt wurden, bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen als Vorsteuer abziehen.
Rechtsgrundlagen
§§ 1, 12, 26 Umsatzsteuergesetz (UStG)
Die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID-Nummer) dient der Identifikation gegenüber anderen Unternehmen. Sie wird Unternehmen im Zuge der Vergabe der Steuernummer vom zuständigen Finanzamt zugeteilt.
Bei Umsätzen im europäischen Binnenmarkt ist das Verwenden der UID-Nummer durch die beteiligten Unternehmen Voraussetzung für umsatzsteuerfreie Lieferungen oder die Verlagerung des Leistungsortes bei bestimmten Leistungen. Nur wenn das abnehmende Unternehmen eine korrekte UID-Nummer mitgeteilt hat, ist die innergemeinschaftlichen Lieferung für das liefernde Unternehmen umsatzsteuerfrei.
Bei Inlandsumsätzen ist die UID-Nummer des abnehmenden Unternehmens ab einem Rechnungsbetrag von über 10.000 Euro Bestandteil einer ordnungsgemäßen Rechnung.
Unternehmen, die innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftliches Verbringen ausführen, müssen die UID-Nummer des Abnehmers auch in die Zusammenfassende Meldung (ZM) aufnehmen, einschließlich des Gesamtwerts der innergemeinschaftlichen Umsätze an den jeweiligen Abnehmer.
Die Inhalte der ZM werden in das Austauschsystem MIAS eingespeist. MIAS ist ein gemeinsames System des Informationsaustausches der EU-Mitgliedstaaten für innergemeinschaftliche Lieferungen, Verbringungen und grenzüberschreitende Dienstleistungen mit Übergang der Steuerschuld.
Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich von dem Unternehmen geschuldet, das die Warenlieferung oder Dienstleistung erbringt. Es muss die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Im Rahmen des sogenannten Reverse Charge Systems (Übergang der Steuerschuld), ist jedoch nicht das Unternehmen, das die Leistung erbringt, sondern das Unternehmen, das die Leistung empfängt, Schuldner der Umsatzsteuer. Das empfangende Unternehmen ist in diesem Fall verpflichtet, die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Zum Übergang der Steuerschuld kann es kommen, wenn ein ausländisches Unternehmen, das nicht im Inland betrieben wird bzw. im Inland auch keine Betriebsstätte hat, eine Dienstleistung oder eine Werklieferung an ein österreichisches Unternehmen erbringt und diese aufgrund der Leistungsortregeln in Österreich zu versteuern ist. Von der Reverse Charge Regelung ausgenommen sind die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen, Leistungen im Zusammenhang mit Veranstaltungen sowie die Vermietung von Grundstücken.
Auch bei gewissen inländischen Lieferungen oder Dienstleistungen kann es zum Übergang der Steuerschuld kommen. Z.B. bei der Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten, bei der Lieferung von Mobilfunkgeräten und bei Bauleistungen. Bei Bauleistungen kommt es zum Übergang der Steuerschuld, wenn die Empfängerin/der Empfänger selbst mit der Bauleistung beauftragt wurde oder üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt.
Reverse Charge Rechnung
Im Falle des Reverse Charge erhält das Unternehmen, das die Leistung empfängt, vom leistenden Unternehmen lediglich eine Rechnung über den Nettobetrag (kein Steuerausweis) und schuldet die darauf entfallende Umsatzsteuer. Wenn es zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann das empfangende Unternehmen die Umsatzsteuer wiederum als Vorsteuer abziehen. Die Rechnung ist bis zum 15. des auf die Leistungserbringung folgenden Kalendermonats auszustellen.
Bei der Rechnungsausstellung im Rahmen des Reverse Charge Systems, muss Folgendes beachtet werden:
- Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf die Leistungsempfängerin/den Leistungsempfänger
- Angabe der UID-Nummer des leistenden Unternehmens und der UID-Nummer der Empfängerin/des Empfängers
- Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis findet keine Anwendung.
Rechtsgrundlagen
- Leistungsortregeln: § 3a Abs 6 Umsatzsteuergesetz (UStG)
- Ausnahme betreffend Leistungen im Zusammenhang mit Veranstaltungen: § 3a Abs 11a UStG
- Rechnungsvorschriften beim Reverse Charge System: § 11 Abs 1a UStG
- Übergang der Steuerschuld bei inländischen Umsätzen:
- § 19 Abs 1a bis 1e UStG
- Schrott-Umsatzsteuerverordnung
- Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsverordnung
Bei innergemeinschaftlichen Geschäftsfällen ist die Binnenmarktregelung zu beachten, die bei grenzüberschreitenden Lieferungen und Dienstleistungen an und von Unternehmen anderer EU-Mitgliedstaaten angewendet wird. Diese regelt u.a. den Transport von Waren von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, eines innergemeinschaftlichen Erwerbs oder eines innergemeinschaftlichen Verbringens.
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist eine Lieferung zwischen zwei Unternehmen, bei der Waren von einem EU-Mitgliedsstaat in einen anderen versendet bzw. befördert werden. Warenlieferungen an Unternehmen innerhalb der EU sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Das erwerbende Unternehmen tätigt hingegen einen innergemeinschaftlichen Erwerb, der zu einer Erwerbsbesteuerung führt.
Beim innergemeinschaftlichen Verbringen transportiert ein Unternehmen Gegenstände in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu seiner eigenen Verfügung. Das innergemeinschaftliche Verbringen ist im Inland grundsätzlich steuerfrei, wird aber im anderen EU-Mitgliedstaat mit der Erwerbsteuer belastet.
Hinsichtlich der in anderen EU-Mitgliedstaaten anfallenden Vorsteuern ist das sogenannte "Vorsteuererstattungsverfahren" zu beachten. Unter gewissen Voraussetzungen ermöglicht es österreichischen Unternehmen, Vorsteuern, die in einem anderen Mitgliedstaat angefallen sind, elektronisch über FinanzOnline grenzüberschreitend geltend zu machen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Unternehmen sich im betreffenden Mitgliedstaat nicht steuerlich erfassen lassen müssen, z.B. weil die Steuerschuld für eine von ihnen erbrachte Dienstleistung auf die Leistungsempfängerin/den Leistungsempfänger übergeht.
Achtung
Die in anderen EU-Mitgliedstaaten zu entrichtende Umsatzsteuer auf Dienstleistungen und Lieferungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer kann ggfs. über den EU-OSS bzw. Nicht-EU-OSS erklärt werden. Dafür ist eine umsatzsteuerliche Registrierung für die unter den OSS fallenden Umsätze in nur einem einzigen EU-Mitgliedstaat notwendig.
Weiterführende Links
Warenlieferungen in Drittländer ‒ sogenannte Ausfuhrlieferungen ‒ sind steuerfrei. Für die Steuerbefreiung ist aber Voraussetzung, dass das Unternehmen einen Ausfuhrnachweis erbringt und entsprechende Aufzeichnungen in der Buchhaltung führt (Buchnachweis). Außerdem muss die Steuerbefreiung in der Rechnung vermerkt sein.
Liefert ein Unternehmen grenzüberschreitend Waren an private oder andere bestimmte Abnehmerinnen/Abnehmer, dann wird dies Versandhandel genannt. Für umsatzsteuerliche Zwecke wird zwischen Einfuhr-Versandhandel und innergemeinschaftlichem Versandhandel unterschieden. Während beim Einfuhr-Versandhandel das Unternehmen Waren aus einem Drittland in einen EU-Mitgliedstaat an bestimmte Abnehmerinnen/Abnehmer (z.B. Konsumentinnen/Konsumenten) liefert, erfolgt die Lieferung beim innergemeinschaftlichen Versandhandel aus einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat.
Beim Einfuhr-Versandhandel aus einem Drittland ist neben der Einfuhrumsatzsteuer zusätzlich Umsatzsteuer in dem EU-Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet (Bestimmungsland), zu entrichten, wenn entweder die Waren in einem anderen Mitgliedstaat eingeführt werden als jenem, in dem die Warenbewegung endet, oder wenn das Unternehmen die Umsätze über den IOSS erklärt.
Beim innergemeinschaftlichen Versandhandel gilt die Lieferung als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an die Abnehmerin/den Abnehmer endet (Ausnahme: Kleinstunternehmen). Daher müssen sich Unternehmen beim innergemeinschaftlichen Versandhandel im Bestimmungsland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen und die Umsatzsteuer abführen oder die Versandhandelsumsätze über den EU-One-Stop-Shop (EU-OSS) erklären.
Erbringt ein österreichisches Unternehmen eine grenzüberschreitende Dienstleistung an ein Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat, so ist diese Dienstleistung in Österreich weder steuerbar noch steuerpflichtig. Der Ort der Dienstleistung, nach dem sich die Versteuerung dieses Dienstleistungsumsatzes richtet, ist die Betriebsstätte des Leistungsempfängers (Empfängerort).
Wenn der österreichische Dienstleistungserbringer, was in den meisten Fällen anzunehmen ist, im anderen EU-Mitgliedstaat weder Sitz noch Wohnsitz hat, geht die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über. Dieser muss dann die Umsatzsteuer nach den vor Ort geltenden Vorschriften berechnen und in seiner Umsatzsteuervoranmeldung ausweisen. Ob ein Vorsteuerabzug gegeben ist, richtet sich ebenfalls nach den lokalen Umsatzsteuervorschriften.
Der Umsatzsteuer One-Stop-Shop ist am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Er ist ein elektronisches Portal, über das Unternehmen die in der EU anfallende Umsatzsteuer für bestimmte Umsätze erklären und bezahlen können.
Unternehmen, die die Sonderregelung für den OSS verwenden, müssen sich umsatzsteuerlich in nur einem EU-Mitgliedstaat registrieren (= Mitgliedstaat der Identifizierung) und können die unter die Sonderregelung fallenden Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten über diesen Mitgliedstaat erklären und die Umsatzsteuer bezahlen. Die Notwendigkeit, sich in mehreren EU-Mitgliedstaaten für umsatzsteuerliche Zwecke zu registrieren, entfällt dadurch.
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen